Konferenz: Vernunftkritik oder epistemischer Tribalismus?

26.11.2025 Göttingen

Vernunftkritik oder epistemischer Tribalismus?
Paul Feyerabend und Konrad Lorenz‘ Acht Todsünden der zivilisierten Menschheit


Zeit:
 26. November 2025, 16:15 – 17:45 Uhr
Ort: Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Göttingen, Seminarraum, Humboldtallee 36, 37073 Göttingen

Inhalt: Seit Jahrzehnten wird der relativistischen Philosophie unterschiedlicher Couleur vorgeworfen, mit ihrer Vernunftkritik und ihrer Absage an den Universalismus zu einer Erosion der Wahrheit und zum Irrationalismus beizutragen. In diesem epistemologischen Vorwurf schwingt stets die politische Kritik mit, dass Relativismus und Vernunftkritik die Aufklärung verraten und der politischen Reaktion und sogar dem Rechtsradikalismus in die Hände spielen. In dem Vortrag wird es darum gehen, den gegen Paul Feyerabend gerichteten Vorwurf des „epistemischen Tribalismus“, der mit rechten Positionen wie mit dem Feuer spielt, anhand eines konkreten Beispiels zu analysieren: Seiner Haltung zu dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz, dessen Kulturkritik der 70er Jahre irritierend nahe zu seinen Positionen während der NS-Zeit stand. Feyerabend wusste das, ohne es jedoch zu thematisieren. Diesen blinden Fleck deute ich vor dem Hintergrund seiner Unterschätzung rechtsradikaler Machtpolitik, wodurch auch Feyerabends Pluralismus Gefahr läuft, sich selbst zu unterlaufen.

Referent: Michael Hagner war vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Januar 2025 ordentlicher Professor für Wissenschaftsforschung an der ETH Zürich. Geboren 1960 in Bochum, Deutschland, studierte er Medizin und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Nach der Promotion zum Dr. med. war er Postdoc am Neurophysiologischen Institut der FU (1987-89) und Visiting Scholar am Wellcome Institute for the History of Medicine in London (1989). Danach war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte der Medizinischen Universität Lübeck (1989-91) und am Institut für Geschichte der Medizin der Georg-August Universität Göttingen (1991-95) tätig, wo er sich 1994 an der Medizinischen Fakultät habilitierte. 1995 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, mit dem er an das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin ging, wo er von 1997 bis 2003 als Senior Scientist arbeitete.

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